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In der Ausstellung zur städtischen und ländlichen Wohnkultur der Biedermeierzeit wird Mobiliar bürgerlichen Ursprungs bäuerlichem Hausrat gegenübergestellt. Den Rahmen hierfür bieten der mit originalen Ausbauteilen nachgestaltete Wohnbereich eines Kleinbauern und ein städtisches Wohnzimmer. Im Gegensatz zum noch stark an alte Traditionen festhaltenden dörflichen Bereich, kam es in den Städten seit Anfang des 19. Jahrhunderts zur Herausbildung einer besonderen bürgerlichen Wohnkultur, die sowohl Elemente adeliger Kunstbeflissenheit als auch familiäre Behaglichkeit miteinander verband. Typisch für das Biedermeier ist das Mobiliar, bestehend aus Sofa mit rundem Tisch, Vitrinen, Kommoden und Nähtisch. Naturalistische, oft idealisierte bildliche Darstellungen vervollständigen die Raumdekoration. Landschaften und Ortsansichten, worin meist auch ein Stück Alltagsleben dargestellt ist, waren auch beliebte Motive der Porzellanmalerei. Durch die erst 1798 erfundene Lithographie bestand
eine preiswerte Möglichkeit zur Befriedigung des bürgerlichen
Kunstinteresses, und zur Porträtdarstellung fand der Silhouettenscherenschnitt
weite Verbreitung. |
Bauernstube mit Schrank Flur und Küche einer Biedermeierzimmer mit |
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Biedermeierzimmer mit Porzellanteller um 1850 Lithographien entstehen in
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Ein Teil der im Biedermeierzimmer ausgestellten Exponate dokumentieren nicht nur allgemein das zeittypische Kunsthandwerk, sondern sind konkreten Handwerkerpersönlichkeiten zugeordnet, die ausgehend von Nathusius's Gewerbeanstalten in Althaldensleben und Hundisburg Mitte des 19. Jahrhunderts in Neuhaldensleben ansässig wurden. So finden sich von dem Schaffen des Porzellanmalers Wilhelm Grünewald neben einer Vitrine voller Porzellan mit filigranen Ortsansichten auch Gouachen und Musterhefte. Diese kleinen Darstellungen haben genau wie die Steindrucke des Lithographen Carl August Eyraud für die Stadtgeschichte große Bedeutung. Eyraud stellte in seiner Kunstanstalt nicht nur dekorative Blätter und Landkarten her, sondern gab 1824 auch die illustrierte Kreischronik von Peter Wilhelm Behrends heraus und begründete 1819 mit dem Wochenblatt die erste Haldensleber Lokalzeitung. Ein weiterer Kunsthandwerker der Biedermeierzeit
ist der Keramikmodelleur Jacob Uffrecht, dessen Schaffen am Anfang
einer weiteren bis ins 20. Jahrhundert führenden Ausstellung gewürdigt
wird. Fiktive Werkstätten der drei Kunsthandwerker sind in einem
der Fachwerkhäuser an der Langen Straße nachgestellt worden. |
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Die Ausstellungshäuser an der Langen Straße sind als Ergänzung zu den Ausstellungen im Hauptgebäude mit ihren wertvollen Exponaten, sozusagen als dreidimensionale Illustration oder als begehbares Funktionsmodell im Maßstab 1:1, konzipiert. So ist im Haus Lange Straße 2 ein Blick vom kleinen Vorratskeller bis unters Dach möglich. Die einzelnen Gebäudeebenen und Räume illustrieren allgemein das Leben in einem Handwerkerhaus der Biedermeierzeit mit der untrennbaren Einheit von Wohnen und Arbeiten. Wenn hier Flur und Küche das Zentrum von Hauswirtschaft und Familienleben bildeten, diente die Stube vorrangig als Arbeitsort des Familienernährers. Konkret wurde in der unteren Stube eine Tischlerei und in der oberen der Arbeitsplatz eines Leinewebers nachgestaltet. Im Haus Lange Straße 4 liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung vorn genannter außergewöhnlicher Handwerke im biedermeierzeitlichen Haldensleben. Genau wie die Gebäude selbst mit 100jährigen Dachziegeln und Fensterscheiben ständigem Verschleiß ausgesetzt sind, werden auch die gezielt erworbenen Ausstellungsstücke regelmäßig im Sinne ihrer Zweckbestimmung benutzt. Gebrauchsspuren werden dabei bei den Aktionstagen regelmäßig beseitigt und entstehen gleichzeitig neu. « zurück |
Ausstellungshäuser an Ausstellungshäuser mit Tischlerwerkstatt in Benutzung |
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